Samstag, 28. Juli 2018

Rezension | Mit anderen Worten: ich

"Mit anderen Worten: ich" | Tamara Ireland Stone | Magellan Verlag
Worte zählen nicht zu Samanthas Freunden. Im Gegenteil: in endlosen Gedankenschleifen verfolgen sie Sam und hindern sie daran, ein normales, unbeschwertes Leben zu führen. Aus Angst, als verrückt abgestempelt zu werden, verheimlicht Sam ihren täglichen Kampf sogar vor ihren Freundinnen. Nur die unkonventionelle Caroline sieht hinter Sams Fassade und lädt sie ein, sich einem geheimen Dichterklub anzuschließen. Hier erlebt Sam zum ersten Mal die befreiende Kraft von Worten und kommt sich seit langer Zeit selbst wieder nahe. Als sie sich in den klugen, zurückhaltenden AJ verliebt und gerade beginnt, vorsichtig auf ihr neues Glück zu vertrauen, stellt eine unerwartete Entdeckung alles infrage.
Dieses Buch ist so wichtig. Die sechszehnjährige Sam leidet schon ihr ganzes Leben lang unter Zwangsstörungen, die ihren Alltag zu bestimmen scheinen. Sie bekommt jegliche Unterstützung von ihren Eltern und einer Therapeutin, doch letzten Endes hängt es nur von Samantha allein ab. Für sie spielt die Zahl 3 eine große Rolle: Wenn es ihr schlecht geht oder sie etwas bestimmtes machen muss, wiederholt sie dies ganz oft dreimal. Leute, die unter Zwangshandlungen leiden, fühlen sich erst dann befriedigt, wenn sie eine Handlung auf die für sie richtige Art und Weise durchgezogen haben. Oftmals durch Wiederholungen.
Ich habe mich während der Schulzeit sehr stark mit dem Thema "Zwangsgedanken und Zwangshandlungen" auseinandergesetzt und unter anderem eine Facharbeit darüber geschrieben. Meiner Ansicht nach ist dieses Thema sehr sehr wichtig, denn viele Menschen leiden darunter, ohne es ihren Mitmenschen mitzuteilen. Entweder bewusst oder unbeabsichtigt, weil sie denken, ihr Verhalten sei normal. Häufig hängen Zwangsstörungen mit Depressionen zusammen, weswegen eine Therapie oftmals notwendig ist, um diesem Trott zu entkommen.
Jeder hatte mit Sicherheit schon einmal das Gefühl, die Tür nicht richtig abgeschlossen oder dass sie den Wecker nicht gestellt haben, nur um nach der Kontrolle festzustellen, dass sie es bereits getan haben. Menschen mit Zwangsstörungen wissen oftmals, dass sie eine gewisse Handlung schon ausgeführt haben, doch sie müssen erneut nachschauen. Und nochmal und nochmal. Ihr Gehirn gibt keine Ruhe, bis sie die Handlung genug wiederholt haben. Vorher fühlen sie sich nicht sicher.
Zurück zum Buch: Es gab so viele Szenen, in denen ich schlucken musste. Ich hatte das dringende Bedürfnis, Sam zu helfen. Ins Buch zu klettern und sie ordentlich durchzuschütteln. Aber selbst das hätte ihr nicht geholfen. Der Schreibstil der Autorin ist atemberaubend gut und wunderschön poetisch. Mit so viel Gefühl beschreibt sie Samanthas scheinbar aussichtslose Lage und lässt den Leser dabei großes Verständnis für sie aufbringen. Man liest, wie sie sich fühlt und spürt eine Beklommenheit. Denn irgendwie versteht man sie. Aber irgendwie auch nicht.
Es ist interessant zu sehen, wie Samantha auf manche Impulse reagiert. Während sie in der Öffentlichkeit versucht, ihr Gefühlschaos zu verbergen, unterdrückt sie dadurch nur ihre Situation und kapselt sich so von ihren Freunden ab. Nie fühlt sie sich wirklich dazugehörig.
Doch dann trifft sie auf Caroline, bei der sie sich nicht verstellen muss. Caroline scheint, ihr Verhalten genau zu verstehen und zu akzeptieren. Während Fremde sie als "Verrückte" abstempeln, findet sie in dem Dichterklub, dem sie beitritt, neue Freunde. Es ist herzergreifend.
Die Liebe, die sich zwischen Sam und AJ entwickelt, ist so echt und bedingungslos, dass es mir ein Vergnügen war, mehr zu lesen.
Und dann kommt das Ende. Und da ist die ganze Zeit so viel mehr, doch erst am Ende versteht der Leser. Wow, ich war tagelang kurz davor, direkt noch einmal in die Geschichte zu versinken, denn es machte plötzlich so viel Sinn. Ich konnte lange nicht aufhören, über "Mit anderen Worten: ich" nachzudenken. Es hat einen besonderen Platz in meinem Herzen eingenommen.






Freitag, 27. Juli 2018

Rezension | Das Reich der Sieben Höfe

"Das Reich der Sieben Höfe" Bd. 1-3 | Sarah J. Maas | dtv
Band 1: "Dornen und Rosen"
Band 2: "Flammen und Finsternis"
Band 3: Sterne und Schwerter"
Die junge Feyre lebt in einer gefährlichen Welt. Eine Welt, in der das Reich der Menschen direkt an das Reich der Fae grenzt. Vor vielen Jahren wurde ein Pakt des vermeintlichen Friedens mit ihnen geschlossen, der besagt, dass kein Volk jemals die Grenze des eigenen Reichs übertreten darf. Der Pakt bedeutet, Leben und Leben lassen.
Doch eines Tages tötet Feyre auf der Jagd einen Fae. Und muss dafür mit ihrem Leben zahlen. Sie wird in das Land der Fae entführt. Doch nichts ist dort, wie es scheint. Die Geschichten, die die Menschen sich über die Fae erzählen, scheinen nicht der Wahrheit zu entsprechen. Oder doch?
Dieses Fantasy-Abenteuer ist etwas ganz besonderes. Ich habe alle drei Bände, die bis dato im Deutschen veröffentlicht wurden, bereits gelesen (keine Spoiler, versprochen!). "Das Reich der Sieben Höfe" ist eine spannende Geschichte voller Plot-Twists und Dramatik. Der Sucht-Faktor ist dabei hoch!
Der Leser braucht zunächst ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen, denn der erste Band nimmt sich meiner Meinung nach etwas Zeit, bis er richtig Fahrt aufnimmt. Aber dann werden dem Leser die Augen geöffnet. Die Geschichte entwickelt sich in eine ungeahnte Richtung. Es ist schwierig, sie zu beschreiben, ohne direkt alles zu erzählen. Nur so viel: Wer zunächst denkt, dass das Buch bloß von einer langweiligen Liebesgeschichte handelt, der muss unbedingt dran bleiben und weiterlesen. Denn Sarah J. Maas hat sich jeden ihrer Schritte sehr gut überlegt. Die Komplexität von "Das Reich der Sieben Höfe" wird dem Leser erst am Ende des ersten Bands richtig bewusst und dann geht es mit dem besten Teil weiter: "Flammen und Finsternis".
Die Autorin hat mit ihren Werken beeindruckende Charaktere mit so viel Persönlichkeit entwickelt. Jeder verfolgt seine eigenen Ziele, wodurch die Story immer mehr Tiefgang und Tempo bekommt.
Außerdem habe ich mich in das Setting und in die Welt, die Maas erschaffen hat, verliebt. Die Art, wie die Magie funktioniert, wird toll beschrieben. Die politischen Spannungen, die zwischen den Reichen herrschen, nehmen einen großen Teil der folgenden Bände ein. Auch innerhalb des Fae-Reiches gibt es eine Menge Interessenkonflikte und Intrigen, was den Büchern einen außergewöhnlichen Charme verleiht. Die Lektüre war ein Spaß, eine Folter, ein Hoch, ein Runter, eine Achterbahn der Gefühle. Ich habe sie verschlungen.
Jedem, der auf der Suche nach einer neuen Fantasy-Reihe mit toughen Figuren und Dialogen ist, würde ich "Das Reich der Sieben Höfe" ans Herz legen. Dabei handelt es sich nicht um einen typischen "Jugendbuch-Romantasy-Abklatsch", sondern um so viel mehr.
Und keine Sorge. Wer wenig Lust auf eine endlose Buchreihe hat, der kann nach dem dritten Band einfach aufhören. Die Geschichte ist an sich abgeschlossen und es fühlt sich nach einem Ende an. Im Englischen wurde vor Kurzem ein vierter Teil veröffentlicht, ich bin aber nicht sicher, ob "A Court of Frost and Starlight" wirklich eine Fortsetzung oder bloß ein Spin-Off ist. Mit Seitenblick auf die "Throne of Glass"-Reihe, die im Englischen mittlerweile ganze 6 Bände beinhaltet, bin ich verunsichert, ob es sich bei "Das Reich der Sieben Höfe" tatsächlich nur um eine Trilogie handeln wird.
Aber auch egal, her damit - ich würde es sofort lesen!






Mittwoch, 25. Juli 2018

Rezension | Die Hochzeitsgabe

"Die Hochzeitsgabe" | Geraldine Brooks | btb Verlag
Hanna, eine junge, angesehene Buchrestauratorin, wird 1996 von Sydney in das vom Bürgerkrieg zerrissene Sarajevo gerufen. Sie soll dort die kostbare Sarajevo-Haggadah, eine jüdische Handschrift aus dem 15. Jahrhundert, unter die Lupe nehmen. Hanna wittert eine große Chance für ihre Karriere und ahnt nicht, dass dieser Auftrag ihr Leben verändern wird. In der Bibliothek angekommen, trifft sie auf den zurückhaltenden moslemischen Museumsleiter Ozren, der das Buch vor der Zerstörung gerettet hat. Er irritiert und fasziniert sie gleichermaßen. Und je mehr sich Hanna auf einer Spurensuche, die sie durch ganz Europa führt, mit der Schrift und ihrer geheimnisvollen Geschichte beschäftigt, desto mehr wird sie auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und Herkunft konfrontiert...
Bei diesem Buch handelt es sich ebenfalls um eine Empfehlung einer Buchhändler-Kollegin. Nachdem sie mir von dem Buch erzählt hatte, wollte ich mich sofort selbst davon überzeugen.
"Die Hochzeitsgabe" ist eine Reise. Eine Reise mit so vielen Details und Besonderheiten, dass es mir schwer fällt, mich an alle Kleinigkeiten zu erinnern, aber die Gesamtheit dieses historischen Romans ist einfach wunderschön.
Man muss gewisse historische Vorkenntnisse haben, um einige Konflikte besser zu verstehen, es lässt sich dennoch ganz leicht lesen und verstehen. Dafür lehrt dieses Buch vor allem eins: Toleranz. Denn wenn es darum geht, ein Jahrhunderte-altes Schriftstück zu retten, spielt der Glaube keine Rolle mehr und der Zusammenhalt ist groß.
Die Geschichte ist in mehrere Abschnitte unterteilt, wobei sie zeitlich bis ins 15. Jahrhundert zurückgeht. Dabei wird abwechselnd ein Kapitel aus Hannas Sicht im Jahr 1996 erzählt, woraufhin eine kurze Geschichte aus einer anderen Zeit folgt, immer im Zusammenhang zu dem, was Hanna zuvor entdeckt hat. Und da haben wir auch schon das Faszinierendste an dieser Story: jede klitze-kleine Entdeckung, die Hanna während ihrer Forschung macht, beispielsweise auf dem Papier oder an der Bindung der Haggadah, erzählt eine eigene Geschichte. 
Und das veranlasste mich zum Nachdenken. Schaut man sich alte (wirklich alte!) Bücher an, muss man sich mal bewusst machen, durch wie viele Hände jenes Exemplar vielleicht schon gewandert ist. Und jeder noch so kleine Fleck könnte eine Bedeutung haben. Die Autorin schafft so unbeschreiblich schöne Szenen, in denen Hanna ihrer Arbeit nachgeht. Dabei ist es so interessant zu erfahren, wofür welches Werkzeug benutzt wird, und was für historische Schlüsse man aus dieser Untersuchung ziehen kann. Ein schönes Beispiel hier: der Insektenflügel, der ein Beweis dafür ist, dass sich die uralte Schrift einmal in den Alpen befand. Oder: ein Salzwasser-Korn, der einen Hinweis auf eine Schiffsfahrt übers Meer gibt. Und der Moment, wenn sich alles zusammenfügt - herrlich!
Dabei beruht die Geschichte auf einem echten historischen Artefakt: der Sarajevo-Haggadah. Dies ist eine jüdische Schrift, die als eine Art Handlungsanweisung bei besonderen Festen benutzt wird. Jeder Haushalt besitzt eine eigene Haggadah. Die Wiederentdeckung der Sarajevo-Haggadah erhielt besonders viel Aufsehen, nachdem sie während des zweiten Weltkrieges vermutlich zerstört wurde. Dabei ist diese Haggadah die älteste noch existierende Haggadah auf der ganzen Welt.
Der Leser reist also zurück durch die Zeit und versteht mehr und mehr die Bedeutung, die dieses Schriftstück sowohl für die Juden als auch für die Muslime trägt. 
Man erfährt so viel über das Thema "Glaube" im Allgemeinen und wie groß die Veränderungen über die Jahrhunderte waren. So viel, was in Vergessenheit geriet. Und was für eine große Rolle der Glaube in der Renaissance spielte. Wenn ich nur ein Adjektiv zum Beschreiben dieses Romans nutzen dürfte, wäre es "beeindruckend". Besonders auch für Liebhaber des Medium "Buch".


Dienstag, 24. Juli 2018

10 Fragen | Meine Lesegewohnheiten

Damit ihr die Chance habt, mich etwas besser kennen zu lernen, habe ich mir überlegt, 10 Fragen zu beantworten, durch die man einen guten Einblick in meine Lesegewohnheiten bekommt. Ich lese solche Posts bei anderen immer ganz gerne, weil ich es echt interessant finde, wie die Meinungen auseinander gehen können.
Gebundene Bücher sehen im Regal natürlich immer etwas hübscher aus als kleine Taschenbücher, aber wenn ich es nur mal aus der "Lese"-Sicht betrachte, finde ich es doch deutlich angenehmer, ein Taschenbuch zu lesen. Es ist unterwegs handlicher, nicht so schwer und meist auch biegsamer.
Kommt drauf an, wie "schlimm" der Cliffhanger ist. Normalerweise kann ich damit leben und finde es auch ganz cool, wenn die Geschichte zum Ende hin nochmal richtig Fahrt aufnimmt. Schwieriger wird es allerdings, wenn der Folgeband noch Jahre auf sich warten lässt oder es einfach keinen Folgeband gibt, weil das Buch schlichtweg so abschließt.
Solch eine Frage ist doch barbarisch! Es gibt viel zu viele tolle Bücher, die ich schon gelesen habe... Ich wähle jetzt einfach mal "Mit anderen Worten: Ich" von Tamara Ireland Stone aus, da dieses Buch eine Thematik behandelt, die mir sehr nah geht, und ich die Geschichte wunderschön erzählt fand. Aber "All The Bright Places" von Jennifer Niven hängt quasi direkt hinten dran.
Hmm... das müsste "Das Reich der sieben Höfe" von Sarah J. Maas oder "Das Lied der Krähen" von Leigh Bardugo gewesen sein. Bin mir gerade nicht sicher, ich schwärme eigentlich jedem von diesen Büchern vor. 
John Green, Sarah J. Maas, Patrick Rothfuss
Ja, ich gehöre zu dem geringen Prozentsatz der Weltbevölkerung, der "Harry Potter" noch nicht gelesen hat, zumindest nicht komplett. Immerhin sind es 4 von 7, die ich gelesen und auch geliebt habe. 
Nein, es gibt keine Entschuldigung dafür, warum mir der Rest noch fehlt. Ihr dürft mich jetzt hassen.
Im Bett natürlich. Aber ich mag es auch, in der Bahn zu lesen. Früher konnte ich mich da nie konzentrieren, das funktioniert mittlerweile jedoch sehr gut. Man kriegt die Zeit auf die Art super rum.
An dieser Stelle muss ich nicht lange überlegen: "Shades of Grey" von E.L. James. Ich verstehe es einfach nicht und ich werde es auch nie verstehen. Unsere Gesellschaft ist verrückt. Früher hat sich kaum ein Mensch in die Erotik-Abteilung in der Buchhandlung getraut und heutzutage sind selbst Bücher, die "ab 12" gekennzeichnet sind, nicht immer jugendfrei. Lasst uns gar nicht erst von Mangas anfangen, da bin ich auch kein Anhänger von.
Sagen wir mal so: In Deutschland ist die "Throne of Glass"-Reihe von Sarah J. Maas nicht besonders erfolreich - gerade in den USA sind die Bücher allerdings ziemlich große Bestseller. Ich mag die Reihe sehr, auch wenn die Sprache an manchen Stellen echt katastrophal ist.
Zu guter Letzt natürlich die klassischste Frage: Was lese ich überhaupt gerade? Auf Goodreads könnt ihr jederzeit sehen, was ich gerade lese. Ich liebe diese Plattform. Die schlichte Aufmachung und die Möglichkeiten, die man dort hat. Momentan lese ich "Die Königin der Schatten" von Erika Johansen und bin bisher sehr überzeugt davon.


Montag, 23. Juli 2018

Rezension | Fahrenheit 451

"Fahrenheit 451" | Ray Bradbury | 1953
Fahrenheit 451: der Hitzegrad, bei dem Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt.
Ein Staat in naher Zukunft: Die Feuerwehr ist nicht mehr länger mit Wasserpumpen ausgerüstet, sondern mit Flammenwerfern, um die letzten existierenden Bücher zu verbrennen und auszuradieren. Da beginnt der Feuerwehrmann namens Montag, sich Fragen über das "Wozu" und "Warum" zu stellen. Die beängstigende Geschichte von einer Welt, in der das Bücherlesen mit Gefängnis und Tod bestraft wird.
"Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen." 
                                                                                                                      - Heinrich Heine 

Ich finde Heines Zitat an dieser Stelle sehr wichtig und passend.
Wo soll ich anfangen? Ray Bradburys Schreibstil ist ein purer Genuss, ein Spaß, eine Konfrontation mit der bitteren Wahrheit. Es war eine Reise in ein dystopisches Gedankenkonstrukt, das den Leser so viel lehrt und zum Nachdenken zwingt.

Wir befinden uns also in "naher Zukunft", die Menschheit ist gescheitert, der Atomkrieg steht kurz bevor. Hinzu kommt die absolute Unterdrückung jeglicher Fantasie oder gesellschaftskritischer Aussagen in verschiedenster Form. Die Literatur muss dabei am meisten einbüßen, es finden riesige Bücherverbrennungen statt. Dabei ist schon gar nicht mehr die Rede von Zensur, das geschriebene Wort wird praktisch ausradiert. Die extreme Überwachung der Bevölkerung folgt. Und was machen die Bürger? Sie nehmen alles als Gegebenheit so hin.
Akademiker werden zu Randgruppen, wandern aus und leben für sich, denn man kann ihnen zwar die Bücher nehmen, nicht aber das Wissen, das bereits verschlungen und im Kopf abgespeichert wurde. Der Großteil der Gesellschaft befindet sich jedoch unter einer Gehirnwäsche, Perfektion und Glücklichsein wird ihnen eingeredet. Bis... ja, bis einer plötzlich die ganze Situation hinterfragt.

Der Feuerwehrmann Montag trifft eines Tages auf seine neue Nachbarin Clarisse, die zum Auslöser seines Schicksals wird. Denn sie stellt ihm die Frage, ob er denn glücklich sei, und lässt ihn sprachlos zurück. Montag beginnt, sich zu fragen, ob sein vorgeheucheltes, perfektes Leben wirklich der Glückseligkeit entspricht. Bradbury schildert diese ganze Situation so nüchtern und ehrlich, dass ich nicht nur einmal schmunzeln musste. Plötzlich wird dem Unterdrückten der Weg zum freien Denken geebnet, doch dieser ist mit der ganzen Idee einfach nur überfordert.

Der Konflikt lautet: Lieber mit geschlossenen Augen durch die Welt laufen und in seinem kleinen Universum denken, dass man glücklich sei - oder aber man lässt den Gedanken freien Lauf und hält sich nicht mehr an die Regeln, um eventuell ganz neue Ansprüche für sich zu entwickeln?
Abgerundet wird dieser Zukunftsroman durch wirklich spannende Szenen: Die Geschichte baut sich so rasant auf, dass man sich plötzlich in einer riesigen Verfolgungsjagd befindet, die mich während des Lesens immer unruhiger werden ließ. Außerdem liebe ich es, wenn ein Buch mit einem großen Knall endet und die Geschichte den Leser erst mal nicht loslässt.
Kurzum, ich habe das Buch verschlungen und würde es jedem Bücherfreund unbedingt empfehlen!

Sonntag, 22. Juli 2018

Rezension | All The Bright Places

"All The Bright Places" | Jennifer Niven | Penguin Books
Ein Mädchen lernt zu leben - von einem Jungen, der sterben will.
"Ist heute ein guter Tag zum Sterben?", fragt sich Finch, sechs Stockwerke über dem Abgrund, als er plötzlich bemerkt, dass er nicht allein ist. Neben ihm steht Violet, die offenbar über dasselbe nachdenkt wie er. Von da an beginnt für die beiden eine Reise, auf der sie wunderschöne wie traurige Dinge erleben und großartige sowie kleine Augenblicke miteinander teilen - das Leben eben.
So passiert es auch, dass Finch bei Violet er selbst sein kann - ein witziger und lebenslustiger Typ, nicht der Freak, für den alle ihn halten. Und es ist Finch, der Violet dazu bringt, jeden einzelnen Moment zu genießen. Aber während Violet anfängt, das Leben wieder für sich zu entdecken, beginnt Finchs Welt allmählich zu schwinden ...


Dieses Buch darf auf diesem Blog einfach nicht fehlen. Es ist schon ein wenig her, seit ich es gelesen habe, 2015 um genau zu sein. Aber bis heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich an dieses Buch denke. Die Geschichte hat mich ganz tief im Herzen getroffen. Und sie lässt mich bis heute auch nicht los, sodass ich es bei Zeiten auf jeden Fall erneut lesen möchte. 
Ich muss erwähnen, dass ich bisher nur die Originalausgabe im Englischen gelesen habe und beim Reinblättern in die deutsche Ausgabe fiel mir auf, dass die Sprache etwas platt und dumpf übersetzt ist. Das liegt teilweise an Wortspielen, die in der deutschen Sprache leider nicht funktionieren, aber das nur am Rande. Es mindert für mich nicht die Qualität der Geschichte, höchstens den Erzählstil. Unten ↓ findet ihr ein Foto von der deutschen Ausgabe, die den Titel "All die verdammt perfekten Tage" trägt. Selbst die Übersetzung des Titels entzieht dem Buch ein wenig seines Zaubers, aber sei's drum.
Violet und Finch. Das sind die beiden Protagonisten, um die sich diese Geschichte dreht. Es ist eine Geschichte von Liebe, Verlust, Selbstfindung und Scheitern. Es ist so wunderschön und berührend, aber gleichzeitig auch so traurig. Doch alle Worte der Welt können die Schönheit dieses Romans nicht festhalten. Die beiden Charaktere sind einzigartig und so emotionsgeladen. Ich habe mich sofort in beide verliebt. Erst nach der Lektüre erfuhr ich, dass die Autorin in ihrem Werk einige autobiografische Aspekte verarbeitet hat. Dies veranlasste mich dazu, die Geschichte erneut mit anderen Augen zu betrachten. 
Die Tränen liefen jedoch so oder so. Ich glaube, ich kann an einer Hand abzählen, wie viele Bücher mich jemals zum Weinen gebracht haben. "All The Bright Places" gehört definitiv dazu. Ich möchte nicht zu viel verraten, falls ihr vorhabt, das Buch zu lesen. Nur so viel: Haltet die Taschentücher bereit.
Die Geschichte wird abwechselnd aus Violets und aus Finch's Sicht erzählt, was dem Buch eine gewisse Intensität verleiht. Der Leser weiß nicht so wirklich, worauf die Geschichte hinauslaufen wird. Und das hat Jennifer Niven einfach großartig umgesetzt. In meinem Kopf lief die ganze Story wie ein Film rauf und runter, ich sah alles bereits vor mir. Und bin natürlich umso glücklicher, dass gerade an der Verfilmung gearbeitet wird. Die Vorfreude ist jedoch auch mit einigen Sorgen verbunden. Oftmals geben Buchverfilmungen einfach nicht alles wieder und können den Charme des Buches nicht hundertprozentig wiedergeben. Meine Hoffnungen aber auch Ansprüche sind dementsprechend hoch.
Bei "All The Bright Places" handelt es sich um eine Liebesgeschichte ohne jeglichen Kitsch, voller Poetik und Dramatik. Eine absolute Leseempfehlung meinerseits.


Samstag, 21. Juli 2018

Rezension | Children of Blood and Bone

"Children of Blood and Bone, Goldener Zorn" | Tomi Adeyemi | Fischer FJB

Zélies Welt war einst voller Magie. Flammentänzer spielten mir dem Feuer, Geistwandler schufen schillernde Träume, und Seelenfänger wie Zélies Mutter wachten über Leben und Tod. Bis zur Blutnacht, in der die Kräfte aller Maji versiegten und der König von Orïsha alle Maji töten ließ. Diese verhängnisvolle Nacht beraubte Zélie ihrer Mutter und nahm einem ganzen Volk die Hoffnung.
Doch sie wollen sich nicht unterkriegen lassen. Zélie hat plötzlich eine einzige Chance, die Magie in ihr Land zurückzuholen. Eine hitzige Verfolgungsjagd beginnt, in der sie ihren Feinden immer einen Schritt voraus sein muss. Besonders dem Sohn des Königs, der mit allen Mitteln verhindern will, dass die Magie je wieder zurückkehrt ...
Eins sofort vorne weg: Dieses Buch trägt eins der schönsten Cover aller Zeiten. Sowohl der Buchumschlag als auch das Innenleben des Buches sind wunderschön gestaltet. Die Zeichnung auf dem Buchdeckel sieht so faszinierend intensiv und lebendig aus, sodass mich das Buch förmlich angezogen hat. Und es stellt die afrikanische Welt von "Children of Blood and Bone" wunderbar dar. Endlich mal ein Cover, das auch zum Inhalt passt. Gerade im Jugendbuchbereich fällt dieses Thema manchmal problematisch aus. Das Setting hat mich stark an Marvel's "Black Panther" erinnert, was ich als erfrischend neu empfinde. Geprägt wird die Geschichte außerdem von fremden, afrikanisch klingenden Begriffen, die die Authentizität unterstützt und den Erzählstil hübsch umrahmt. 
Nun aber zum Inhalt. Das Zitat im Foto oben ↑ befindet sich direkt auf der ersten Seite, ist also die Einleitung in die Geschichte. Gerade in der ersten Hälfte des Buches dominiert eine starke "Rebellion"-Atmosphäre. Die Rede ist von Unterdrückung, Aufstand, Rache, Schicksal und Tod. Das sind große Worte, denen die Geschichte auch zunächst gerecht wird. Man lernt Zélies Vergangenheit kennen, ihre Ängst und Hoffnungen werden besonders gut beschrieben. Ich persönlich fand jedoch Amari interessanter. Sie ist die Tochter des Königs und macht für mich eine viel größere Charakterentwicklung als Zélie durch. Sie ist von Anfang an so überzeugt von dem, was sie tut, obwohl sie sich in einer ausweglosen Situation zu befinden scheint. 
Im mittleren Part reißt die Story etwas ein. Leider wird gerade zum Ende hin deutlich, dass es sich eben um ein Jugendbuch handelt. Ich mag Fantasy-Jugendbücher, keine Frage, aber ich finde es etwas schade, dass großes Potential weggeschmissen wurde. Man hätte noch so viel mehr zum Hintergrund erzählen oder vielleicht die ein oder andere Intrige einspannen können. Ich habe große Hoffnungen auf die Fortsetzung zu "Goldener Zorn", doch die Messlatte wird für mich hoch liegen.
Von der vorherigen Rebellion war am Ende wenig spürbar und es entwickelte sich in eine andere Richtung als erhofft. 
Dennoch möchte ich noch mal erwähnen, wie interessant die Welt, die die Autorin erschaffen hat, aufgebaut ist. Die Bräuche und die Geschichte der Magie sind sehr toll ausgearbeitet. Ich denke gerade an eine Szene, in der Zélie und ihrer Truppe ein Wandbild gezeigt wird, auf der die verschiedenen Gottheiten aufgemalt sind. Diese Szene hat mir sehr gut gefallen, denn Adeyemi schaffte es, dass ich das Bild selbst vor Augen hatte. Untermalt wird die Szene dabei mit der historischen Geschichte der Gottheiten, die so schön und bild-gewaltig beschrieben ist.
Solche Szenen fand ich toll, nur leider gab es irgendwann zu wenige davon.




Freitag, 20. Juli 2018

Rezension | Die Geisha

Die erste Rezension auf diesem Blog möchte ich gerne einem ganz besonderen Buch widmen. Eins, das mir bisher in diesem Jahr am meisten im Kopf hängen geblieben ist: "Die Geisha" von Arthur Golden.

Zu Beginn der 30er Jahre wird das einfache Fischermädchen Chiyo in die alte Kaiserstadt Kyoto gebracht, nachdem ein angesehener Geschäftsmann dem armen Vater des Mädchens ein Angebot macht: Er verspricht, das Mädchen in seine Obhut zu nehmen und ihr eine Zukunft zu bieten.
Sie wird in einer Okiya untergebracht, einem Wohnhaus, in dem mehrere Geishas gemeinschaftlich leben. Chiyo wird unter schlimmsten Qualen und Grausamkeiten zur Geisha ausgebildet und steigt schon bald zu einer der begehrtesten Geishas in ganz Japan auf. Doch das Land steht kurz vor dem zweiten Weltkrieg und Chiyo lernt die Liebe ihres Lebens kennen ...
Zugegeben, zunächst war ich skeptisch, als eine Arbeitskollegin mir "Die Geisha" im Frühjahr diesen Jahres empfohlen hatte. Doch diese Euphorie, mit der sie mir das Buch ans Herz legte, machte mich neugierig. Und wow.
Ich suchte eine Lektüre, in die man vollkommen versinken kann. Die den Leser verzaubert. Und ja, Arthur Golden hat es rundherum geschafft. Er hat in mir den Wunsch geweckt, Japan zu bereisen. Ich wollte mehr über diese Welt und Kultur erfahren, immer mehr. Und habe das Buch praktisch eingesogen.
Wenn ihr wie ich vor der Lektüre keinerlei Ahnung habt von den Bräuchen, die hinter dem "Geisha"-Kult stecken, wird euch dieses Buch die Augen öffnen. Ich bin zunächst mit einem Schmunzeln an das Buch herangetreten, denn die Vorurteile eilten voran. Doch schon nach wenigen Seiten spürte ich, wie viel komplexer die Thematik eigentlich ist.
Ich habe selten ein Buch so interessant gefunden, in jedem Kapitel konnte ich etwas - für mich - völlig Neues entdecken und lernen. Die knapp 600 Seiten verflogen ins Nichts, was durch Goldens tollen Schreibstil nur unterstützt wird. Als amerikanischer Autor, der für einige Jahre in Japan gelebt und japanische Geschichte studiert hat, hat er die Atmosphäre wunderbar eingefangen und gibt tiefe Einblicke in Kultur und Landschaft Japans. Es ist wirklich bewundernswert. Der Autor veranlasst viele Denkanstöße, was ich besonders wertvoll finde. Ich möchte nicht nur unterhalten werden, sondern manchmal auch einen Mehrwert spüren. Und das hat "Die Geisha" definitiv geschafft. 
Über das Ende lässt sich tatsächlich streiten. Ich fand das Ende etwas unpassend, wenn man es mit dem Rest der Geschichte in Relation setzt. Aber na gut, lässt sich nicht ändern und mindert meine Meinung zu den restlichen 90 Prozent der Geschichte nicht.
Wenn ihr gerne mal aus eurer "literarischen Komfortzone" heraustreten möchtet, kann ich euch diesen Roman wärmestens empfehlen.